Der ungewöhnlich milde an Niederschlägen arme Winter 1882/83 und der infolgedessen ausnehmend niedrige Wasserstand im Innfluß hat sich äußerst günstig auf den Verlauf der Bautätigkeiten im Streckenabschnitt Innsbruck – Landeck ausgewirkt. Der hierbei gewonnene zeitliche Vorsprung war von umso größerer Bedeutung, da die häufigen und andauernden Regenfälle während der nächsten Sommermonate des Jahres 1882 den Fortgang der Arbeiten nachhaltig beeinträchtigten. Trotzdem konnte der für die Fertigstellung der Talstrecke festgesetzte Vollendungstermin mit 01.07.1883 eingehalten und die Strecke Innsbruck – Landeck termingerecht an diesem Tag dem öffentlichen Verkehr übergeben werden.
Hinsichtlich der Strecke Landeck – St. Anton a/A und Langen a/A – Bludenz wurden nach erfolgter Vergabe der Unterbau-, Oberbau- und Hochbauarbeiten am 06.08.1882 von seiten der Bauunternehmer die ersten erforderlichen Bauvorbereitungen getroffen. Zunächst konnten hingegen wegen der mittlerweile vorgerückten Jahreszeit nur jene Arbeiten ins Auge gefasst werden, deren Ausführung in den Wintermonaten keine Probleme bereiteten und ferner dergestalt waren, dass der Bau der beiden Rampenstrecken mit Beginn der besseren Jahreszeit ohne nennenswerte Verzögerungen in Angriff genommen werden konnte.
Im Rahmen dieser Vorbereitungsphase sind folgende Einrichtungen entstanden: die Zufahrtsstraßen zur Bahntrasse, Dienstbahnen, Aufzüge für die Beförderung verschiedener Baumaterialien, Entwässerungsanlagen für Dammunterlagen, sowie Schlitzbauten an jenen Stellen, an denen sich der Hang als instabil erwies.
Mit welch einfachen aber äußerst effizienten Mitteln der Bahnbau vorangetrieben wurde, beweist der Einsatz von Seilaufzügen, welche mithilfe von Erdmaterial, welches beim Bau keine Verwendung fand, betrieben wurden. In einzelnen Fällen wurde statt Erdmaterial Wasser als Gegengewicht verwendet. Auf der Westrampe standen acht dieser Seilaufzüge, von denen zwei mit Wasser betrieben wurden, auf der Ostrampe vier kleine Seilaufzüge für die Versorgung einzelner Arbeitsplätze mit Baumaterialien im Einsatz.
Am 06.09.1884 wurde die Strecke nach mehr als zweijähriger Bautätigkeit für den Frachtenverkehr und am 21.09.1884 für den Personenverkehr freigegeben.
Streckenabschnitt Innsbruck-Landeck (Talstrecke)
Die Bautätigkeiten bereiteten auf dem Abschnitt Innsbruck – Ötztalübersetzung in unmittelbarere Nähe der Stationsanlage Ötztal aufgrund des flachen Terrains in der Regel keine nennenswerten Schwierigkeiten. Anders verhielt sich dies hingegen zwischen Ötztal und Landeck. Hier erschwerten die Enge des Tales und der Abbau von Steinmaterial knapp am vielfach steilen Innufer den Bau der Bahn. Hinsichtlich der Gesteinsarten wurden in diesem Abschnitt hauptsächlich Kalkgestein verschiedener Art, Gneis und Glimmerschiefer angetroffen, somit Steinmaterial, welches sich als Baumaterial bestens verwenden ließ.
Streckenabschnitt Landeck – Bludenz (Bergstrecke)
Jene auf den Abschnitten Landeck – St. Anton a/A und Langen a/A – Bludenz verzeichneten Bautätigkeiten und jene mit der Herstellung dieser beiden Rampenstrecken verbundenen Erd- und Felsarbeiten mussten größtenteils unter sehr schwierigen Bedingungen vorangetrieben werden. Sowohl die Steilheit der Lehnen als auch die wechselnde Gebirgsbeschaffenheit machten die Herstellung von stellenweise bis zu 10 m hohen Mauerwerken notwendig, womit erreicht werden sollte, dass die Ausdehnung der Einschnitte auf ein ökonomisches Maß beschränkt werden konnte. In Anbetracht der zahlreichen Einschnitte, welche die Arlbergbahn durchsetzt, ein äußerst zeitaufwändiges Unterfangen, weshalb es auch nicht verwundern mag, dass das Schwergewicht der Arbeiten beim Bau der Bahn in der Menge der herzustellenden Mauerwerke lag, denen die Aufgabe zufiel, den überlagernden Erdkörper abzustützen.
An jenen Stellen, an denen das Gebirge eine geringe Festigkeit aufwies, sind sogenannte Futtermauern zur Ausführung gelangt, welche dazu bestimmt waren, das lockere Terrain abzustützen, wobei größte Vorsicht geboten war. Zunächst wurden nur jene für die Errichtung des Mauerwerks erforderlichen Räume in Form von Schlitzen, Stollen und Schächten ausgehoben und mit einer kräftigen Zimmerung versehen. An den Aushub des restlichen Erdmaterials des betreffenden Einschnittes konnte erst dann geschritten werden, wenn die Futtermauer fertig gestellt war.
Das Abtragen des Erdmaterials wurde an vielen Stellen auch durch die gleichzeitige Gewinnung von Bruchsteinen, welche für die Herstellung von trockenen Steinbauten und Mörtelmauerwerk benötigt wurden, zusätzlich erschwert. In Anbetracht der enormen Anzahl der herzustellenden Futtermauern ließ es sich jedoch nicht vermeiden, dass jene während des Aushubs der Einschnitte gewonnenen brauchbaren Steine für den letztgenannten Zweck selbst verwendet werden mussten.
Hinsichtlich der Gesteinsarten wurden im Streckenabschnitt Innübersetzung nächst Landeck im km 74 – Rosanabrücke im km 92 vorwiegend Glimmerschiefer an der Oberfläche angetroffen, welches in unterschiedlichem Maße von Verwitterungsprodukten und streckenweise von Felstrümmern desselben Gesteins überlagert wird. Die Einschnitte sind teils von Glimmerschiefer, teils denselben überlagernd von Verwitterungsprodukten überzogen.
Ferner durchsetzt die Bahn innerhalb dieser Strecke zwischen km 83 und km 84 nächst Strengen mächtige Kalkschuttbildungen, welche von den Kalkgebirgen des entgegengesetzten Ufers herrühren und die Schiefergebilde der gegenüberliegenden Tallehne bedecken.
Weiters durchsetzt die Bahn im km 85 und km 87 die mächtigen Schuttkegel des Klaus- und Gondebachs, welche das hier zutage tretende Schiefervorkommen überlagern. Die aus diesen Schuttkegeln gewonnenen Gneisfindlinge lieferten ein vorzügliches Material für die Quadererzeugung.
Jene Materialgräben, welche zwischen km 87 und km 88 für die Aufschüttung der Stationsanlage Flirsch angelegt wurden, gaben den Blick auf eine beachtliche Zahl von Baumstämmen (die Überreste von durch Lawinen zu Tal gerissenen Waldungen) frei, welche unter enormen Aufwand beseitigt werden mussten.
Unmittelbar hinter km 88 verläuft die Bahn wiederum im Kalkmurenschutt, wobei sie im letzten Teil der oben angeführten Strecke zwischen km 90 und km 91 zwei Murenschuttkegel durchdringt und sich allmählich der Talsohle nähert. Dergestalt folgt die Bahn der Talsohle im Wesentlichen auf niederen Dämmen bis km 97 nächst Nasserein, wobei sie innerhalb dieser Strecke an drei Stellen aus dem Gebirge vorgeschobene Murenschuttegel durchsetzt.
Von hier an erhebt sich die Bahn an den flachen Seitenhängen bis km 100 etwas über die Talsohle, womit die Stationsanlage von St. Anton a/A sowie das Ostportal des Arlbergtunnels erreicht wären.
Mit der Übersetzung der Alfenz im km 111 nächst Langen a/A verlässt die Bahn das Gebiet der kristallinischen Schiefer und tritt in die Kalkformationen des Klostertales ein. Im Streckenabschnitt Langen a/A – Spreubach im km 116 nächst Wald a/A wurde jedoch Tonschieferschutt mit Kalkfindlingen an der Oberfläche, in etwas größerer Tiefe wiederum Schieferfelsen angetroffen. Nur zwischen km 113 und km 114 sowie zwischen km 114 und km 115 tritt reiner Kalkfelsen zutage, weshalb in diesen Abschnitten an mehreren Stellen bedeutende Felssprengungen vorgenommen werden mussten.
Zwischen km 116 und 118 nächst dem Radonatobel finden sich dolomitische Verwitterungsprodukte (Lehm und Schotter), sowie mit Schieferfelsen durchsetzte Dolomitenfelsen, welche ebenfalls bedeutende Felssprengungen notwenig machten. Unmittelbar hinter km 118 durchsetzt die Bahn bis km 119 Muränenschutt und von hier an bis km 120 Gipsfelsen. Im weiteren Verlauf der Strecke wurde Tonschiefer abwechselnd mit Kalkfelsen, Murenschutt mit großen Kalkfindlingen und Mergel angetroffen.
Zwischen km 122 und km 124 zeigt sich fester Kalkfelsen mit vertikal aufgerichteten, senkrecht abfallende Felswände bildend, dünnen Schichten. Zwischen km 124 und km 125, der sogenannten Brazer Halde, eine steile Wiesenfläche, wurde an der Oberfläche zunächst Schieferschutt, in größerer wechselnder Tiefe Tonschieferfelsen, welcher auch im nachfolgenden Streckenabschnitt bis km 126 vorherrscht, angetroffen.
Zwischen km 126 und km 128 durchfährt die Bahn wiederum steile Kalkfelsen, in weiterer Folge, gegen km 129, durchsetzt sie hügelförmig begrenzte Schuttablagerungen, welche von seitlichen Wildbächen herrühren und bisweilen große Einschnitte notwendig machten.
Im Streckenabschnitt Braz im km 129 – Bings im km 132 wendet sich die Bahn dem flachgeneigten Vorlande zu, tritt jedoch wieder an steile, gegen den Talgrund vorgeschobene Kalkfelswände heran, welche sie bei km 133 verlässt. Von hier an nähert sich die Bahn der stellenweise versumpften Talebene der Ill, welche im km 135 nächst Bludenz erreicht ist. Innerhalb dieser Strecke verläuft die Bahntrasse im Kalkschotter.
Die Beschaffenheit des Gebirges an den Lehnen entlang der gesamten Bahnstrecke von Innsbruck bis Bludenz erwies sich hinsichtlich der Herstellung des Bahnkörpers im Wesentlichen als günstig, obwohl diese an mehreren Stellen nicht jene Festigkeit aufwies, wie dies bei der Planung der Arlbergbahn angenommen wurde.
Bedingt durch die wechselnde Gebirgsbeschaffenheit entlang der Strecke wurde an jenen Stellen, an denen die den Felsen überlagernden Verwitterungsprodukte von Wasseradern durchzogen und erweicht wurden, die Herstellung von Entwässerungsanlagen (Schlitze) zur Trockenlegung dieser Schichte für notwendig erachtet. In jenen Fällen, in denen an den Aushub eines Einschnittes geschritten werden sollte, ferner jedoch auch die Herstellung einer Entwässerungsanlage für notwendig erachtet wurde, musste mit den Einschnittsarbeiten solange zugewartet werden, bis eine entsprechende Entwässerungsanlage fertig gestellt war. Diese Vorgehensweise wurde auch dann beibehalten, wenn die Notwendigkeit einer derartigen Anlage zu einem späteren Zeitpunkt erkannt wurde, sodass die Einschnittsarbeiten auch in diesem Falle erst nach Fertigstellung der Entwässerungsanlage wieder aufgenommen werden konnten.
Hinsichtlich des Unterbaus sei darauf hingewiesen, dass die Unterbaukrone an jenen Stellen, an denen nicht Grabenmauern, bis zur Bahnkrone reichende Stützmauern oder Objektsbauten zur Ausführung gelangten, eine Breite von 5,2 m aufweist. Bögen mit Radien von 300 m und darunter verfügen an der Außenseite über eine um 0,1 m vergrößerte Unterbaukrone. An jenen Stellen, an denen bis zur Schwellenoberkante reichende Stützmauern zur Ausführung gelangten, betrug die Breite des Oberbaus im Minimum 2,0 m bzw. 2,35 m. Objekte erhielten eine Minimalbreite von 4,45 m (Bischoff: 16-32).
Literaturverzeichnis:
Bischoff, Friedrich. Denkschrift der k. k. General-Direktion der österr. Staatsbahnen über den Fortschritt der Projektirungs- und Bauarbeiten der Arlberg-Bahn: Schluss. 3. Bd. Wien: kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, 1890.
(Autor: Laublättner Michael)